Leseprobe: Wie Feuer und Eis - Arbeitstitel Kapitel 1

Veränderung


Es klingelte zur ersten Stunde.
Na toll...

Die meisten Menschen die ich kannte, hatten eine natürliche Abneigung Montagen gegenüber und ich war da auch keine Ausnahme. Doch seit ich heute Morgen meine Augen aufgeschlagen hatte, hatte sich ein seltsames Gefühl, mit einer rasenden Geschwindigkeit in mir festgesetzt. So wie eine böse Vorahnung. Irgendetwas stimmte nicht.
Obwohl ich überhaupt nicht sagen konnte ob das ganze überhaupt negativ war.
Außerdem war das eigentlich totaler Quatsch, es war schließlich nur ein ganz normaler Montag. Ich wüsste nicht dass sich irgendetwas verändert hätte. Abgesehen davon das dieser Montag einer der wenigen letzten Montage war, die ich an dieser Schule noch verbringen würde. Höchstwahrscheinlich hing dieses seltsame Gefühl einfach mit dem nahenden Schulabschluss zusammen. Das wäre die einzige logische Erklärung.

Während ich auf das große Backsteingebäude vor mir sah, dachte ich zum ersten Mal wirklich darüber nach, dass das alles hier, die große, alte, wunderschöne Eiche mit ihren smaragdgrünen Blättern, die Bank, dessen braune Farbe bereits abblätterte aber natürlich auch das gesamte High School Gebäude, mit seinen roten Ziegeln und den Weißen Fensterrahmen, bald nicht mehr zu meinem Leben gehören würde.
 
In drei Monaten war alles vorbei. Nun ja nicht ALLLES.
Mein Leben ging natürlich weiter aber die Zeit an dieser Schule nicht.
In drei Monaten würde ich also meinen Abschluss machen und dann würde ich all dem hier den Rücken kehren. Ich würde nie wieder durch die hellen Flure mit dem gelben Linoleumboden wandern. Ich würde mich nie wieder an eines der Abgenutzten Pulte setzten und meine Materialien auf dem Tisch verteilen. Ich würde nie wieder in der Kantine etwas essen. Ich würde mich nie wieder über einen Lehrer aufregen müssen, wobei das wahrscheinlich nicht ganz aus der Welt sein würde, jedenfalls nicht wenn ich mich auf einer Uni einschreiben ließ. Schließlich würde es dort ebenfalls Lehrer geben, die man dann zwar mit Professor ansprechen würde, die aber mit Sicherheit auch nicht immer auf der Beliebtheitsskala ganz oben stehen würden.

Aber vorher würde ich meinen dunkel blauen Talar, inklusive dieser überaus schicken Kopfbedeckung anziehen und mein Abschluss Diplom erhalten.
Und erst dann würde ich mich umdrehen und nie wieder zurückkommen.

Fast die gesamte Zeit meines Lebens hatte ich hier verbracht. Hatte Freunde gefunden und auch wieder gehen lassen müssen. Hier habe ich sehr viel gelacht aber auch mal geweint. Ich habe mich gefreut aber auch maßlos über Mittschüler und Lehrer geärgert. Hier bin ich groß geworden, hier war ich zu dem Menschen geworden der ich bin.

Zurückblickend konnte ich sagen, dass dies die beste Zeit in meinem bisherigen Leben gewesen war. Aber war es nicht immer so? Die Erwachsenen sagten einem dauernd wie gut man es hatte solang man noch zur Schule ging. Geregelte Arbeitszeiten, klar definierte Urlaubszeiten und kein Geldmangel. Jedenfalls solange man sein Taschengeld nicht wahllos verschleuderte und vielleicht sogar noch irgendwelche Jobs in den Ferien erledigte. Ganz wichtig natürlich noch die Zeit die einem blieb wenn man mittags aus der Schule kam. Umso mehr ich darüber nachdachte, kam ich zu dem Schluss das die Erwachsenen damit wohl sogar recht hatten.
 
Auf der einen Seite machte mich die Aussicht auf etwas neues leicht panisch und auf der anderen war ich deswegen total hibbelig. Ich würde auf eine Uni gehen, wahrscheinlich sogar in einer anderen Stadt weit weg von L.A. ziehen. Würde meine Eltern zurücklassen und auch ein Teil meiner Freunde.  Aber so war das eben, das Leben oder? Man wurde geboren, war Kind und dann wurde man erwachsen. Man veränderte sich, zog von zuhause aus und lebte sein eigenes Leben. Diesen Schritt musste jeder gehen. Leise seufzte ich.

Ich sollte mir nicht so viele Gedanken machen. Alles würde gut werden. Das seltsame Gefühl dieses verdammten Montagmorgens wich allerdings keinen Millimeter von meiner Seite.

Schließlich erhob ich mich schwerfällig, so als ob ich die Last der gesamten Menschheit auf den Schultern tragen würde, schaute noch einmal zu der großen Eiche hinauf und machte mich dann langsam auf den Weg, meinem Schicksal entgegen.

Ich musste jeden meiner folgenden Schritte ein Dutzend Mal überdenken und trotzdem erreichte ich viel zu schnell das Schulgebäude.

Am Seiteneingang der Schule schaute ich auf den Türgriff vor mir, ich schaffte es einfach nicht meine Hand auf ihn zu legen und ihn endlich hinunter zu drücken. Eigentlich sollte das kein Problem sein, schließlich hatte ich es schon gefühlte eine Million Mal getan.  Trotz dieser völlig richtigen und total einleuchtenden Überlegung wurde diese Gefühl so allgegenwärtig das ich am liebsten geschrien hätte. Mir drängte sich der Gedanke auf, das sich mein Leben, wenn ich dieses Gebäude heute betrete, grundlegend verändern würde. Vielleicht nicht in den nächsten zwei Stunden oder in dieser Woche, aber irgendetwas würde passieren was mich und alles was ich einmal für richtig hielt in Frage stellen lies.
 
Reiß dich zusammen Lili, ermahnte ich mich und wurde jäh aus meinen Gedanken gerissen als ein hübsches ovales Gesicht mit grauen Augen vor mir auftauchte.
Ein Glück!

Meine beste Freundin Jacky Andrews warf ihre langen, blondgelockten Haare über die Schulter. Sie hatte einen perfekt gebräunten L.A. Teint. Das Auffallendste an ihr war jedoch ihr Mund. Die schön geschwungenen vollen Lippen zogen jeden Blick auf sich. Heiße Blicke von den Männlichen Wesen dieses Planeten. Sie betonte ihre Lippen außerdem immer mit einem roten Lippenstift was ihr schon fast bösartige Blicke der weiblichen Fraktionen des Menschen einbrachte. Allerdings war Jacky immun gegen jedweden bösen Blick oder Kommentar.
Mir persönlich gefielen allerdings die vielen kleinen Sommersprossen auf ihrer Nase und den Wangen am besten. Jacky war, seit ich sie kannte, ein Herzensguter Mensch, sie glaubte immer an das Gute und strahlte eine positive Energie aus von der ich nur träumen konnte. Ihre offene, fröhliche Art steckte jeden an der ihr begegnete. Außerdem hatte sie sich einmal in den Kopf gesetzt jeder Person die an der Straße stand und auf ein Taxi oder einen Bus wartete mit einem strahlenden HighFive den Tag zu versüßen.

«Hey Miss Brown, träumst du?» Ihre blaugrauen Augen blitzten belustig, als ich nur abwinkte und murmelte: «Ähm, um genau zu sein jaa….», antworte ich ihr langsam und schüttelte meinen Kopf, um die schlechten Gedanken daraus zu vertreiben. Als ob das so einfach wäre…
«Schon vergessen? Wir haben Kunst. Jetzt!», sagte sie auffordernd.
«Nee nicht vergessen. Aber du weißt doch wie das ist… Montagmorgen und so.» grinste ich. Dann richtete ich meine Augen wieder auf die Tür. Verdammter Türgriff!
«Ja, ich weiß genau was du meinst, aber Mr. Feldman hat doch gesagt, das wir heute mit einem praktischen Thema anfangen. Endlich keine langweilige Theorie mehr.» Ich musste unwillkürlich lächeln. Jacky liebte Kunst seit sie denken konnte und Sie freute sich immer, wie ein Kleinkind auf Weihnachten, wenn sie ihrer Kreativität freien Lauf lassen konnte. Jacky war eine begnadete Künstlerin. Neben ihren Malerischen Fähigkeiten nähte sie außerdem ihre Kleidung um oder entwarf  frei im Sinne von Do It Yourself  ihren eigenen Schmuck.

Schließlich nickte ich und bevor ich noch etwas entgegnen konnte, schnappte Sie meine Hand, drückte die Tür auf und zog mich ganz einfach hindurch.

SO schwer war das doch gar nicht. Das seltsame erdrückende Gefühl würde aber wohl erst mal mein Begleiter bleiben. Als wir durch das Schulgebäude liefen sagte ich mir immer wieder, das alles gut werden würde. Dieser Satz wurde so zu einem unendlichen Mantra in meinen Kopf.



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